"Der tut nichts": Richtige Begegnungen mit Hunden
Es
gibt für Hundebesitzer kaum eine größere Herausforderung als Begegnungen mit
anderen Hunden. Was unter Menschen meist tadellos funktioniert, ist, sobald ein
Hund dabei ist, oftmals mit Gezerre, Gebrülle und Gezeter verbunden. Schauen
wir uns doch einmal an, wie wir einander im Idealfall begegnen:
1)
Wenn wir einander nicht kennen – und vielleicht auch gar nicht kennenlernen
wollen, dann lassen wir Menschen einander in Ruhe.
2)
Wenn wir Kontakt aufnehmen wollen, gehen wir langsam und geordnet auf einander
zu, nehmen Blickkontakt auf und suchen nach einer höflichen Begrüßung das
Gespräch.
3)
Dann entscheidet es sich, ob das Gespräch erfolgreich verläuft. Wir tragen
unser Anliegen vor, bekommen Antwort und beenden das Gespräch wieder in
geordneten Bahnen. Vereinbaren etwas, verabschieden uns und gehen wieder
unserer Wege.
Unter
Hundemenschen trifft Punkt 1) oft schon nicht zu – weil Hundebesitzer glauben,
ihr Tier müsse um jeden Preis jeden anderen Hund kennenlernen. Von
Punkt 2), einem geordneten Aufeinandertreffen, ist meist keine Rede, weil
entweder einer der beiden Hunde im Freilauf ist, der andere angeleint oder
einer der Hundebesitzer beim bloßen Anblick des anderen Tieres den Karabiner
seiner Leine löst, weil er irgendwo gehört hat, dass Hunde einander ohne Leine
begegnen sollten. Punkt
3) ist vielfach kein „Gespräch“ in geordneten Bahnen, sondern ein wildes
Gerempel, bis sich Nackenhaare aufstellen, Zähne gebleckt werden und laut
gedroht wird. Bis schlussendlich die Hundebesitzer – im schlechtesten Fall – in
die sich wild umkreisenden Hunde greifen und ihren wieder anleinen. Erfolg
dieser Hundebegegnung: gleich Null. Wert dieser Hundebegegnung: ebenfalls
gleich Null.
Das
wahre Problem an den schwierigen Hundebegegnungen ist der Umstand, dass viele
Hundebesitzer ihr Tier nicht richtig einschätzen können. Oder wollen. Da
schlägt „Groß“ nämlich „Klein“, da schlägt „Wild“ leider „Schüchtern“.
Versetzt
euch in euren Hund hinein und überlegt, ob er eine Begegnung überhaupt schätzt.
Wenn das der Fall ist, nehmt Blickkontakt zum anderen Hundebesitzer auf: Geht
der mit einem kurzen Gruß an Ihnen vorbei, dann WILL er KEINEN Kontakt. Das
kann hunderte berechtigte Gründe haben, sein Tier kann krank sein, alt,
unverträglich, die Hündin kann läufig sein, sein Hund kann jung sein und noch
über keinen gesicherten Rückruf verfügen … Akzeptiert das bitte. Erst wenn der
andere Hundebesitzer stehen bleibt, grüßt und das Gelände zum Spielen auch
passend ist, vereinbart man gemeinsam, dass man die Tiere spielen lassen
könnte. Denn in der Zwischenzeit haben auch diese zueinander Kontakt
aufgenommen und wer jetzt einfach die Leine löst, ist kein guter Hundebesitzer.
Nur
wenn die beiden Hunde im angeleinten Zustand einen fröhlichen, unbeschwerten
Eindruck machen, sollte man ableinen. Ist einer ängstlich, dann lasst diesen
Kontakt lieber sein. Auch der eigene, heißgeliebte Hund kann sich verkehrt
benehmen und einen neutralen bis ablehnenden Hund jagen und das ist ja wohl
nicht im Sinne einer positiven Hundebegegnung. An
der Leine ist die Körpersprache unserer Hunde ohnehin verändert und jeder
Hundebesitzer weiß, dass – sobald die Leine ab ist – der Hund anders reagiert.
Da werden die Neutralen mutig, die Mutigen wild und die Wilden mitunter
plötzlich angstaggressiv. Ein Hund, der sich in die Leine lehnt und sich wie
ein Tanzbär auf die Hinterläufe stellt, macht auch den anderen Hund einen
völlig falschen Eindruck. Klar, dass der ihn nicht kennen lernen will, weil er
in seinen Augen bedrohlich ist.
Anders
ist die Situation, wenn einer der Beiden abgeleint ist und einer an der Leine
neben seinem Besitzer herläuft: Da muss man schneller reagieren, denn meist
findet dann die Begegnung statt, lange bevor der Besitzer die Hunde überhaupt
erreicht hat, weil Hunde nun mal vorauslaufen. Geht unbeirrt weiter, bleibt
nicht stehen, sonst müsst ihr am Ende noch das leinenumschlungene Knäuel
entwirren und bittet den entgegenkommenden Hundebesitzer darum, den Hund zu
sich zu rufen. Klappt das, ist alles wunderbar.
In
90 Prozent der Fälle werdet ihr dann einen der meiststrapazierten Sätze hören
von „Meiner will nur spielen“ über „Der macht nichts“ bis hin zu weit weniger
Höflichem. Wenn alle Stricke reißen, könnt ihr euch immer noch einer Notlüge
bemüßigen und dem Entgegenkommenden zurufen, der Hund sei krank, das hat schon
viele Unbelehrbare zur Einsicht bekehrt. Seid in allem, was ihr tut, entschieden
und denkt immer für euren Hund, den ihr ja am besten kennt.
Und
ein Wort noch zu Begegnungen mit Menschen: Versucht, ein Vorbild zu sein! Viele
Hundeführer, die ich kenne, trainieren auf Spazierwegen ein Kommando, bei dem
den Hund zur Seite geht. Das macht Spaß für Sie beide und ungeheuren Eindruck
auf Menschen mit Kinderwägen, Radfahrer, Jogger oder Skateboarder. Die meisten
ist dann sogar ein wenig beeindruckt und bedanken sich. So sollte es zumindest
sein.
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