Aufmerksamer Spaziergang
Ein spannender Spaziergang erfordert einen aufmerksamen Hund. |
Heute erst wurde wieder die Frage an mich
herangetragen, wie man denn seinen Hund beim Spaziergang aufmerksam macht.
Grundsätzlich möchte ich als Hundesportler dazu sagen, dass der Spaziergang
SEINE Zeit ist, da darf er schnüffeln und markieren und so sein, wie er ist.
Als Trainer weiß ich aber, dass damit die Situationen gemeint sind, in denen
der Hund sich womöglich wild gebärdet, zu anderen Hunden hinrennt oder
hinzieht, Autos jagen möchte oder sich vor selbigen fürchtet. Alles
Situationen, aus denen man seinen Hund schnell wieder herausholen möchte.
Ich
propagiere immer wieder, dass der Mensch in den Augen seines Hundes der
Mittelpunkt des Universums sein sollte. Das wird er auch aus Gründen der Bindung
und der Zuneigung tun, in erster Linie aber muss der Mensch der Verwalter der
Ressourcen seines Hundes sein. Warum also zweimal täglich wortlos füttern, wenn
der Nahrungserwerb mit und über den Menschen wesentlich spannender sein kann?
Also limitiert die Futterrationen und nehmt einen Teil des Futters auf den
Spaziergang mit. Das geht mit Trockenfutter ganz einfach, auch Leckerlis tun
ihren Dienst, wenn man sie kalorienmäßig von den Portionen, die aus der
Schüssel verfüttert werden, abzieht. Dann habt ihr in jeder Situation schon
einmal einen gewaltigen Trumpf in der Hand. Hat der Hund erst einmal gelernt,
dass es sich lohnt, auf den Menschen zu achten, kann man daraus ein Spiel mit
dem Futterbeutel machen, das immer dann losgeht, wenn der Mensch sieht, dass eine
schwierige Situation auf ihn zukommen könnte.
Also ein Beispiel: Ich weiß, mein Hund will ein
Auto jagen.
- Ich gehe natürlich - wir nennen das "Managementmaßnahmen" - anfangs nicht auf einer stark befahrenen Straße spazieren, sondern suche mir einen selten befahrenen Weg.
- Ich sehe, dass ein Auto sich nähert.
- Ich nehme, bevor der Hund Signale zeigt, meinen Futterbeutel zur Hand, spiele bodennah und immer weg vom Hund mit dem begehrten Objekt.
- Gerade, wenn das Auto vorbeifährt und mein Hund aufmerksam war, öffne ich den Futterbeutel und lasse den Hund ein wenig daraus fressen.
- Dann schließe ich ihn wieder, stecke ihn ein, setze meinen Spaziergang fort und beim nächsten Auto mache ich es genauso. Bald wird der Hund den Autos keine Beachtung mehr schenken, weil er richtig verknüpft hat, dass dies für ihn lohnende Konsequenzen hat.
Dazu ist es aber erforderlich, dass der
Futterbeutel hoch im Wert steht. Dies zu etablieren, geht ganz einfach: Das
"Objekt der Begierde" wird ein, zwei Wochen lang auf einem Kasten
aufbewahrt, wo ihn der Hund zwar sieht, aber nicht darankommt. Der Mensch nimmt
den Futterbeutel immer wieder kurz zur Hand, spielt damit, wirft ihn
später auch einem zweiten Menschen zu, der sich sichtlich darüber freut, der
Hund muss zuschauen. Somit bekommt der Futterbeutel einen enormen Wert.
Schließlich macht der Mensch eine kleine Gehorsamkeitsübung mit dem Hund, wenn diese brav
absolviert wurde, wird das erste Mal mit etwas besonders Leckerem aus dem
Futterbeutel belohnt. Reißverschluss zu, Futterbeutel wieder auf den Kasten.
Nach einigen Tagen wird der Hund davorsitzen und anzeigen, dass er damit
spielen möchte. Dann ist es Zeit, ihn zum Spaziergang mitzunehmen und daraus zu
belohnen. Ähnlich verhält es sich mit dem Etablieren eines besonderen Spielzeugs,
das nur für den Hundeplatz oder für den Spaziergang eingesetzt wird. So wird
der Marsch mit dem Hund sukzessive immer entspannter, weil die Bindung intensiver wird, der Hund im Ernstfall ansprechbar bleibt und wir
immer etwas in der Tasche haben, auf das es sich zu achten lohnt.
Mehr darüber auch in meinem Buch "Die Welt mit seinen Augen sehen" (BoD, Amazon, Thalia etc.) und auf meiner Homepage unter www.tina-wessig.at
News: Mein neues Buch ist soeben erschienen: "Hör, was ich Dir sagen will"
geht Unstimmigkeiten zwischen Hund und Halter noch detaillierter auf den
Grund
(BoD, Amazon, Thalia etc., auch als e-book!). ISBN: 9783744898362
Kommentare
Kommentar veröffentlichen