Aufmerksamer Spaziergang



Ein spannender Spaziergang erfordert einen aufmerksamen Hund.

Heute erst wurde wieder die Frage an mich herangetragen, wie man denn seinen Hund beim Spaziergang aufmerksam macht. Grundsätzlich möchte ich als Hundesportler dazu sagen, dass der Spaziergang SEINE Zeit ist, da darf er schnüffeln und markieren und so sein, wie er ist. Als Trainer weiß ich aber, dass damit die Situationen gemeint sind, in denen der Hund sich womöglich wild gebärdet, zu anderen Hunden hinrennt oder hinzieht, Autos jagen möchte oder sich vor selbigen fürchtet. Alles Situationen, aus denen man seinen Hund schnell wieder herausholen möchte. 
Ich propagiere immer wieder, dass der Mensch in den Augen seines Hundes der Mittelpunkt des Universums sein sollte. Das wird er auch aus Gründen der Bindung und der Zuneigung tun, in erster Linie aber muss der Mensch der Verwalter der Ressourcen seines Hundes sein. Warum also zweimal täglich wortlos füttern, wenn der Nahrungserwerb mit und über den Menschen wesentlich spannender sein kann? Also limitiert die Futterrationen und nehmt einen Teil des Futters auf den Spaziergang mit. Das geht mit Trockenfutter ganz einfach, auch Leckerlis tun ihren Dienst, wenn man sie kalorienmäßig von den Portionen, die aus der Schüssel verfüttert werden, abzieht. Dann habt ihr in jeder Situation schon einmal einen gewaltigen Trumpf in der Hand. Hat der Hund erst einmal gelernt, dass es sich lohnt, auf den Menschen zu achten, kann man daraus ein Spiel mit dem Futterbeutel machen, das immer dann losgeht, wenn der Mensch sieht, dass eine schwierige Situation auf ihn zukommen könnte. 
Also ein Beispiel: Ich weiß, mein Hund will ein Auto jagen. 
  1. Ich gehe natürlich - wir nennen das "Managementmaßnahmen" - anfangs nicht auf einer stark befahrenen Straße spazieren, sondern suche mir einen selten befahrenen Weg. 
  2. Ich sehe, dass ein Auto sich nähert.
  3. Ich nehme, bevor der Hund Signale zeigt, meinen Futterbeutel zur Hand, spiele bodennah und immer weg vom Hund mit dem begehrten Objekt. 
  4. Gerade, wenn das Auto vorbeifährt und mein Hund aufmerksam war, öffne ich den Futterbeutel und lasse den Hund ein wenig daraus fressen. 
  5. Dann schließe ich ihn wieder, stecke ihn ein, setze meinen Spaziergang fort und beim nächsten Auto mache ich es genauso. Bald wird der Hund den Autos keine Beachtung mehr schenken, weil er richtig verknüpft hat, dass dies für ihn lohnende Konsequenzen hat. 
Dazu ist es aber erforderlich, dass der Futterbeutel hoch im Wert steht. Dies zu etablieren, geht ganz einfach: Das "Objekt der Begierde" wird ein, zwei Wochen lang auf einem Kasten aufbewahrt, wo ihn der Hund zwar sieht, aber nicht darankommt. Der Mensch nimmt den Futterbeutel immer wieder kurz zur Hand, spielt damit, wirft ihn später auch einem zweiten Menschen zu, der sich sichtlich darüber freut, der Hund muss zuschauen. Somit bekommt der Futterbeutel einen enormen Wert. Schließlich macht der Mensch eine kleine Gehorsamkeitsübung mit dem Hund, wenn diese brav absolviert wurde, wird das erste Mal mit etwas besonders Leckerem aus dem Futterbeutel belohnt. Reißverschluss zu, Futterbeutel wieder auf den Kasten. Nach einigen Tagen wird der Hund davorsitzen und anzeigen, dass er damit spielen möchte. Dann ist es Zeit, ihn zum Spaziergang mitzunehmen und daraus zu belohnen. Ähnlich verhält es sich mit dem Etablieren eines besonderen Spielzeugs, das nur für den Hundeplatz oder für den Spaziergang eingesetzt wird. So wird der Marsch mit dem Hund sukzessive immer entspannter, weil die Bindung intensiver wird, der Hund im Ernstfall ansprechbar bleibt und wir immer etwas in der Tasche haben, auf das es sich zu achten lohnt.  



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geht Unstimmigkeiten zwischen Hund und Halter noch detaillierter auf den Grund 
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