Problem "Anspringen"

Anspringen aus kindlichem Übermut sollte ruhig und liebevoll korrigiert werden.

Immer wieder höre ich in meinen Kursen, dass vor allem Welpenbesitzer genervt davon sind, wenn sie ihr Hund anspringt und oft dabei auch die Kleidung zerreißt. Eines vorweg: Ich habe kürzlich erst meinen Junghund Giovanni großgezogen, er ist jetzt 10 Monate und macht das zum Teil immer noch. Wobei wir unterscheiden müssen, ob es sich um 
  • welpenhaftes Bettelverhalten, 
  • kindlichen Übermut oder 
  • ruppiges Pöbeln handelt. 
Im Falle des welpenhaften Bettelverhaltens, bei dem der Hund versucht, an unser Gesicht zu gelangen, würde ich persönlich den Hund nur ruhig auf den Boden schieben und mich selbst zu ihm auf seine Höhe begeben. Dieses Verhalten ist ein Relikt vom Lefzenlecken, mit den Hundekinder ihre Eltern dazu aufgefordert haben, Fressen hervorzuwürden. Es ist meist eher charmant und wenig grob.

Kindlicher Übermut ist so eine Sache: Wir wollen im Sport Hunde, die sich beim Fußlaufen nah an uns bewegen, wollen enge Wendungen gehen und überhaupt ein Tier, das bei der Arbeit viel Freude zeigt. Rasseabhängig würde ich aber dieses "Nahverhältnis" ruinieren, wenn ich den Hund zu heftig wegstoße. Also toleriere ich kindlichen Übermut schon noch, damit die Freude an der Arbeit bestehen und die Beziehung eng bleibt. Natürlich kommt im Fall des Falles ein klares "Nein" und der Hund kommt zurück auf den Boden. Oder ich drehe mich weg und der Hund springt ins Leere.

Handelt es sich aber um pöbelhaftes Verhalten und Rempeln, dann bin ich ganz strikt - das will ich nicht. Nicht beim Welpen und auch später nicht. Wobei ich zugeben muss, dass die Grenze oft nur schwer zu ziehen ist. Wird beim Anspringen sogar Kleidung ins Maul genommen, hört sich bei mir der Spaß auf: Ich umfasse das Maul, nehme den Stoff aus dem Hundemund und richte mich ärgerlich auf, meine Körperhaltung ist nach vorne gebeugt, meine Stirn faltig und meine Stimme forsch. Es hat sich bewährt, die Aufmerksamkeit des Hundes auf etwas anderes zu richten, ihn kleine Gehorsamkeitsübungen machen zu lassen und diese dann zu belohnen.

Viele Hundebesitzer berichten, dass nach einer derartigen Korrektur der Hund nur noch wilder und ungeschliffener wird und richtiggehend attackiert. Das geht natürlich nicht. Ich sage immer "Deine Hände sind zärtlich zu Deinem Hund, also hat Dein Hund auch zu lernen, dass er zärtlich zu Deinen Händen ist. Ist er es nicht, muss er korrigiert werden."

Hunde begreifen schnell, was richtig oder falsch, erwünscht oder unerwünscht ist - und wenn der "Angriff" noch einmal oder sogar noch heftiger erfolgt, dann war die Korrektur nicht eindringlich genug. "Aber ich schiebe den Hund schon vier Meter durchs Zimmer", berichtete mir ein Junghundebesitzer. "Er fliegt mich richtig an!" Keine Chance, hier folgt bei mir ein aufmerksames Sitz oder Platz, eine Grundstellung, was immer ihr wollt - und dann ruhig loben! Nicht zu lustig in Stimme und Körpersprache werden, sonst setzt der Hund sein Rüpel-Verhalten womöglich fort!

Achtet auf eure Gesichtszüge - wenn der Hund nur einen Anflug eines Lächelns in eurem Gesicht bemerkt, nimmt er das Maßregeln nicht ernst, sondern wird vermuten, dass es sich um ein Spiel handelt! Vor allem kleine Kinder kichern und quietschen oft, wenn sie der Hund ins Hosenbein zwickt, aber diese Botschaft ist für den Hund die falsche! Seid strikt und fair, nicht grob, aber eindringlich, wenn euch ein Verhalten beim Hundekind nicht gefällt. Andernfalls taucht dieses Verhalten auch beim erwachsenen Hund auf, und wenn dieser dann seine wilden Matschpfoten am schönen, hellen Mantel hinterlässt, wird keiner Freude haben. Zeigt dem Hund ruhig und souverän Grenzen, er sucht sie und braucht sie - und wird sich innerhalb dieser Grenzen toll bewegen!

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